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SENEGAL
VOM ÜBERLEBEN... ZUR SOZIALEN ALTERNATIVE
Während des Freinet Kongresses, der vom 22. bis zum 24. August in
Lyons stattfand, trafen wir uns im Auftrag von Le Monde Libertaire mit
Moussa Diop. Moussa Diop ist Straßenaktivist in den Armenvierteln von
Dakar in Senegal. Er ist außerdem im Rahmen der AUPEJ (Nützliche
Aktion für Kinder und Jugendliche) in verschiedenen senegalesischen
Bezirksvereinigungen, insbesondere in Tivaouan (eine Stadt in der Region
von Thiès, 92km von Dakar) aktiv. Diese Vereinigungen konzentrieren
sich auf soziale Alternativen und allgemeine Bildung. Darüber hinaus
arbeitet er in den Gewerkschaften. Gerade von diesen verschiedenen
Aktivitäten angekommen, spricht er mit uns über die
Lebensverhältnisse in der Region, über die Kämpfe die dort
stattfinden, aber vor allem über die zahlreichen Initiativen, die
sich auf die Idee der Selbstverwaltung beziehen und als Antwort auf die
materielle wie kulturelle Armut und Erniedrigung im Land entstanden
sind.
LML: Kannst Du uns etwas über Deine Aktivitäten
erzählen?
MD: In erster Linie arbeite ich als Straßenlehrer
unter jenen jungen Leuten sowohl in städtischen wie ländlichen
Gebieten, die man die Ausgeschlossenen, die Marginalisierten nennen
könnte. Aber ich bin hauptsächlich in den Armenvierteln von
Dakar aktiv, zum Beispiel in Arafat, Guèbaye und auch Parcelles
Assainies. In diesen Bezirken hat sich die Verstädterung weit
ausgedehnt und
wesentliche Teile der Bevölkerung müssen sich elementaren Fragen
des Überlebens stellen. Also organisiere ich Aktivitäten, die ein
ökonomisches Überleben ermöglichen sollen. Kleine
Jobs, die vom Kleinhandel bis zum Sammeln und Recycling von Müll
reichen und auch solche Sachen wie Autowäsche und Hausarbeit
einschließen. In
dem Bezirk, in dem ich Arbeite, werden die einzigen jungen Leute, die
Arbeit haben, auf täglicher Basis von Industriefirmen angestellt und
müssen ihre Wohnungen sehr früh am Tag verlassen. Das bringt
seine eigenen Probleme mit sich, da sie gezwungen sind, ihre Kinder den
ganzen Tag über zurückzulassen. Diese wiederum fühlen sich
verlassen und sind häufig auf der falschen Seite des
Gesetzes anzutreffen. Deshalb befinden sich so viele Kinder in
Sonderschulen oder in Gefängnissen verschiedener Art. In den
Armenvierteln gibt es ein wirkliches Problem bezüglich Verhalten und
Bildung.
Vor diesem Hintergrund und weil es sowohl auf der Ebene der Initiativen wie
der Organisationen zu einer wahren Abkopplung des Staates
vom Bildungsbereich gekommen ist, sind wir dazu übergegangen,
allgemeine Bildungsinitiativen aufzubauen. Mein Ziel ist es, mich unter die
Leute in den ärmeren Vierteln zu begeben, um Aktivitäten zu
entwickeln, die den vorhandenen Bedürfnissen entsprechen und so das
Überleben ermöglichen. Ich versuche die Leute dazu zu ermutigen,
daß sie sich selbst organisieren bzw. verwalten, so daß sie
Kontrolle über die Aktivitäten erlangen, die sie initiieren. Die
Initiativen, die wir ins Leben gerufen haben, reichen von
Bildung über Ausbildung bis hin zur Befassung mit
Gesundheitsproblemen. Wir versuchen eine wirklich soziale, alternative
Bildung zu organisieren, die auf die Zentren aufbaut, die im Herzen der
Armenviertel kollektiv verwaltet werden.
ML: Wie kam es zu der Abkopplung des Staates aus all dem?
MD: Während sich der Staat in Frankreich im Herzen solcher
Projekte befindet, löste sich der Staat aufgrund der von IWF und
Welbank diktierten Strukturanpassungsprogramme von allen Diensten, die als
sozial betrachtet werden können. Der Bildungs- und Gesundheitsetat
wurde drastisch gekürzt. Dieser Prozeß hat sich langsam seit
1979 vollzogen, als der senegalesische Staat sich bankrott erklärte.
Durch diesen Bankrott haben wir in allen Bereichen einen Prozeß des
Verlustes erlebt... keine Sozialversicherung mehr, keine garantierten Jobs
mehr nach der Lehre, kein Recht auf Gesundheitspflege... alles ist sehr
teuer geworden. Dann brachte der Staat die Idee auf, all diese Bereiche zu
privatisieren. Von da an entstand eine wahre Bewegung auf der Ebene der
Gewerkschaften, politischen Parteien und Vereinigungen, um dieser
Entwicklung zur Privatisierung entgegenzutreten und andere Initiativen zu
erschaffen. Wir, die ArbeiterInnen im Bildungsbereich, gingen zu den
Menschen in den Armenvierteln, sprachen zu ihnen, teilten unsere Gedanken
mit, hielten alle Bedürfnisse des Viertels fest und beschlossen, die
Struktur in anderer Weise als über ein Stadtteilzentrum zu erhalten,
während wir zugleich die bestehenden Gebäude nutzten. Wenn ich
'in anderer Weise' sage, meine ich damit das, wovon ich zuvor sprach, also
eine kollektive Form der Selbstverwaltung. Jede/r BewohnerIn, der/die sich
dem Zentrum anschließt, bringt seine oder ihre eigenen Talente mit.
Wir haben Workshops für Mechanik, Tischlerei und auch Elektrizität
aufgebaut, um den Bedürfnissen der Leute gerecht zu werden. Von
Anfang an waren es jene, die von den Workshops Gebrauch machten, die auch
die Ausbildung der Kinder auf diesen Gebieten übernahmen. Unser Ziel
ist es, einen Prozeß ins Leben zu rufen, durch den die lokal
Ansässigen wirkliche Kontrolle über ihr Leben gewinnen, so
daß sie nicht länger nur Objekte eines politischen und
ökonomischen Programms sind, sondern BürgerInnen ihrer Stadt.
Wir arbeiten für eine Situation, in der die Leute ihre Viertel
verwalten, indem sie für alle in ihnen entstehenden sozialen Fragen
die Verantwortung übernehmen.
ML: Kannst Du uns etwas über die 'Frauen Bank' berichten?
MD: Die 'Frauen Bank' wurde in Dakar auf dem Prinzip der
Tontine (1) aufgebaut. Es dauerte zwei Jahre, bis
das Projekt lief, aber
heute bestehen 40 Schalter im ganzen Land und der Hauptsitz in Dakar. Alle
Frauen in den Armenvierteln von Senegal, die solche Initiativen aufbauen -
mit Hilfe von Ersparnissen oder Krediten - föderieren sich in dieser
Bank. Sie ist zu einem Werkzeug für alle anderen Initiativen geworden.
Außerdem impfen die Leute mit der Bank im Rücken der Gegend etwas
Dynamik ein. Sie errichten nun sogenannte Lokale Entwicklungs Komitees
(LDC), welche wir miteinander vernetzten wollen. Wir haben erkannt,
daß wir eine Machtbasis brauchen, welche die Menschen
unterstützt.
Wir würden es auch gerne sehen, wenn neben dem Aufbau von Formen der
Selbstfinanzierung die Fähigkeit der Menschen zur Kritik und zur
Analyse gestärkt würde, um ihr Bewußtsein zu steigern.
Durch Erfahrungen wie die mit der 'Frauen Bank' erkennen die Leute,
daß die mit der Armut verbundenen Probleme und die Armut selbst nicht
unumgänglich, sondern aus der praktizierten Politik hervorgegangen
sind. Es ist die Regierung, die in Senegal seit 50 Jahren an der Macht ist,
welche die Verantwortung trägt. Die Dinge entwickeln sich langsam,
weil nicht alle in der Bewegung das selbe Maß an Bewußtsein
haben und die Leute nicht immer einer Meinung sind. Deshalb brauchen wir
eine langfristige Strategie.
Um auf die Erfahrung der 'Frauen Bank' zurückzukommen. Der Anfang kam
durch alles, was Repräsentation im Herzen der Gesellschaft betrifft.
Diese Kreditbanken waren ursprünglich aufgebaut worden, um
traditionelle und religiöse Feiern zu finanzieren. Seitdem haben sie
sich entwickelt und übernehmen Verantwortung für eine weitaus
größeren Zahl an Aktivitäten und vor allem
alltäglichen Angelegenheiten. Zusätzlich zu den Banken wurden
nun kommerzielle Kooperativen gegründet, um den Leuten Zugang zu Waren
zu ermöglichen. Vor allem zu solchen, die aufgrund von Spekulation
nicht leicht erhältlich sind. Auf den Märkten werden Waren von den
HändlerInnen oftmals gelagert, um Druck auf die Preise auszuüben.
Deshalb haben die Kooperativen notwendige Güter in großen
Mengen zurückgekauft, um Spekulation zu verhindern. Zusätzlich
wurden Frauen auf diese Weise von den viel zu zahlreichen Haien befreit,
die ihren Opfern auf den Märkten am Tag Kredite zu hohen Zinsen
andrehen. Die Kreditschalter dienen auch der Finanzierung von Projekten,
die von Frauen initiiert wurden. Und, was sehr wichtig ist, wenn das
Projekt einer Frau scheitert und das Verwaltungskomitee (also die
kollektive Verwaltung, die den Schalter betreibt) bestätigt, daß
die betreffende Person nicht für dieses Scheitern verantwortlich ist,
sondern die ökonomische Situation, dann hat sie der Bank gegenüber
keine Schulden. Der finanzielle Verlust wird vom Kollektiv getragen. Es
gibt dort wirkliche Selbstdisziplin. In ähnlicher Weise haben wir ein
gegenseitiges Gesundheitssystem errichtet, das auch auf diesem Modell
basiert. Bei einem Mitgliedsbeitrag von 100 CFA im Monat (ungefähr
7USD) erhalten die Frauen das Recht auf Gesundheitspflege in den
medizinischen Zentren, mit denen wir Vereinbarungen getroffen haben.
ML: Wie funktionieren diese Kreditschalter?
MD: An der Verwaltung der Kreditschalter sind nur Frauen beteiligt.
Frauen, die von anderen Frauen gewählt werden. Dazu muß gesagt
werden, daß es in Senegal hauptsächlich Frauen sind, die sich
darum kümmern, daß alles für das tägliche
Überleben Notwendige vorhanden ist. Deshalb ist es so wichtig,
das, was sie tun wollen, zu finanzieren. Dank der Kreditschalter haben wir
uns in zwei Jahren von Initiativen zum ökonomischen Überleben zu
wirklichen ökonomischen Initiativen entwickelt. Deshalb ist finanzielle
Hilfe für Projekte wie die Stadtteilzentren so wichtig. Wenn ein
Leder- oder Nähworkshop in einem Viertelzentrum im Rahmen der
Ausbildung von Kindern Produkte herstellt, werden diese in allen
Kooperativen verkauft, die vom Schalter unterstützt werden. Auf diese
Weise können wir beispielsweise allgemeine Ketten zur Verteilung von
Leder- und Holzgütern aufbauen. Das ist ein wirkliches politisches
Ereignis. Die Errichtung der Kreditschalter ist eine Antwort auf die
Globalisierung der Reichen und der Bourgeoisie, die eine Globalisierung
der Menschen anbietet. Es ist wichtig, daß wir die Viertel zu wahren
ökonomischen Räumen verwandeln und nicht zu Gebieten
der Marginalisierung und des Konfliktes.
LML: Du hast uns eine dramatische soziale Situation geschildert, von
der zahlreiche junge Menschen betroffen sind, die sich auf der Straße
befinden, neben StraßenlehrerInnen, welche die soziale Situation
begreifen, die durch die ökonomische Situation und das
politischeRegime hervorgerufen wird und die zahlreiche allgemeine
Initiativen aufden Gebieten der Bildung, der Gesundheit und des
Alltagslebens auf derBasis der Selbstverwaltung und eines gesteigerten
sozialenBewußtseins anstoßen. Aber existiert hinter dieser
Bewegungfür eine soziale Alternative Seitens der Gewerkschaften
undpolitischer Organisationen das Bemühen, all diese
Initiativen zu einer Art Netzwerk zusammenzubringen?
MD: Nein, in Wirklichkeit beteiligen sich die Gewerkschaften und die
politischen Gruppierungen überhaupt nicht an all den Strukturen,
diewir beschrieben haben (Stadtteilbildungszentren, 'Frauen Bank',
Essenskooperativen, Recyclingworkshops ...). Die Menschen beteiligen sich
als Personen, vor allem als 'BürgerInnen', als Bewohner eines Viertels,
selbst wenn sie oftmals auch Mitglied einer Partei oder einer
gewerkschaftlichen Organisation sind. Man muß sich
bewußtmachen, daß es in Senegal '73 eine Art Mai '68 gab, der
fürviele Leute zum Ausgangspunkt einer Bewußtseinssteigerung
und zumBeginn eines Engagements im politischen Prozeß wurde. Die
Mehrzahlder Personen, die heute die treibende Kraft in den
beschriebenenInitiativen bilden, kommen aus dieser Bewegung. Es sind
MuslimInnen,TrotzkistInnen, GewerkschafterInnen, ex-MaoistInnen, die an
der Basis aktiv
sind, weil ihre politischen Organisation es nicht sind. Manchmal,
inNotfallsituation politischer Repression, wie bei Verhaftungen, sind
wirgezwungen, uns an die progressiven politischen Parteien zu wenden,
damitsie Fragen an die Nationalversammlung stellen. In Senegal gibt
esgegenüber den Menschenrechten eine bourgeoise Haltung. Gruppen,
diesich um Menschenrechte kümmern, funktionieren nur, wenn eine
demokratische politische Partei von Repression betroffen ist. Wenn Kinder
vor Hunger sterben oder ins Gefängnis kommen, scheint niemand um ihr
Schicksal besorgt zu sein. Ich habe noch nie erlebt, daß eine
Menschrenrechtsorganisation ein senegalesisches Gefängnis begutachtet
hätte, um die Haftbedingungen anzuprangern. Wir stehen beim
Versuch,eine Verbindung zwischen dem Politischen und dem
Gewerkschaftlichen undder sozialen Alternative herzustellen, erheblichen
Problemen gegenüber.
Eines meiner Ziele ist es, die beteiligten Personen zu ermutigen, sich ein
besseres Bild der gesamten Situation zu verschaffen und ihnen dabei zu
helfen, die Verbindung zwischen all den Aktivitäten zu sehen, in
denen
sie involviert sind. Es ist jetzt notwendig, daß die Leute in
derLage sind, die Situation zu analysieren, die Probleme, vor denen sie
stehen
zu studieren und ihre Antwort zu globalisieren. Es ist wirklich nötig,
die Menschen zu motivieren. Aber viele haben sich verändert
undentwickelt und eine menge kommen regelmäßig zu uns. Es ist
unsgelungen, viele Menschen anzuziehen, die mit Bildung zu tun haben. Es
istuns auch gelungen, ihre Beteiligung an den verschiedenen
Aktivitätenauf Stadtteilebene zu fördern. Wenn ich gefragt
werde, wo Bildungendet, sage ich, daß es nicht an den Türen
unsererinstitutionellen Strukturen ist. Ich habe kein Territorium, ich bin
einsenegalesischer Mensch, ein Mensch der Welt. Wenn ich eingreifen
muß,
habe ich kein Bedürfnis, mich in geistige Territorien einzusperren.
Das bedeutet es, politisches Bewußtsein zu haben und zu
schaffen.
ML: Genau. Du sprichst von politischem Bewußtsein, es
zuschaffen, dem Staat gegenüberzutreten. Ich würde gerne noch
etwas
über die sozialen Bewegungen in Senegal hören. Was ist in letzter
Zeit geschehen?
MD: In Senegal haben wir nun seit einiger Zeit die
sogenanntePolitik der strukturellen Verwaltung am Werk gesehen. Diese
Politik wirdvom IWF und der Weltbank verhängt. Sie zwingen
unsarbeiterInnenfeindliche und sozialfeindliche Gesetze auf, die
ernsteAuswirkungen nach sich ziehen. Diese Politik ist in einer Welle
vonPrivatisierungen kulminiert. Die SDE (Wasserwerke) und die
Eisenbahnenwurden privatisiert. Seither gibt es in vielen Regionen keine
Eisenbahn.Das führt zu ernstzunehmenden Transportproblemen in den
Gebieten, diein hohem Maße auf Landwirtschaft angewiesen sind.
Zusätzlich hat
die Privatisierung der SDE zu einer Steigerung der Wasserpreise um
3%geführt. Wenn sich dies fortsetzt, wird es in 5 Jahren schwer
sein,sich Zugang zu Trinkwasser zu verschaffen. Wenn die Elektrizität
ebenfalls privatisiert wird, werden wir dort die selben Probleme haben.
Heute gibt es einen wichtigen Kampf, der dieses Thema
betrifft.Während der Staat versprach, nicht mehr als 33% der
nationalenElektrizitätswerke zu verkaufen, wurde den privaten Firmen
im letztenAugenblick alles angeboten. Dadurch wurde ein Streik
provoziert.Interessanterweise hat die CNTS (Nationale Konföderation
derSenegalesischen Arbeiter), die mit der sozialistischen Regierung
verbundenist, nur einen geringen Einfluß auf die Bewegung. Die
Gewerkschaft,die am stärksten an der Kampagne beteiligt war, ist die
SUTELEC(ElektrizitätsarbeiterInnen Gewerkschaft), die einer
unabhängigenGewerkschaft angehört und mit keiner Partei
verbunden ist.
Es ist diese unabhängige Gewerkschaft, die in erster Linie
dieForderungen der ArbeiterInnen vertritt. Aber mit dem Erstarken
derStreikbewegung beschloß die Regierung, diese Gewerkschaft
zuliquidieren. Eine Entscheidung, die zusätzlich durch die
Tatsachebestärkt wurde, daß die Weltbank und der IWF vor kurzem
einePeriode sozialen Friedens in Senegal forderten, damit
Investitionenforgesetzt werden können. Auf diese Weise wurde eine
Politik derSäuberung der sozialen Bewegung begründet. Als die
SUTELEC nachder Weltmeisterschaft die Elektrizität abschaltete
(hätte sie es vorher getan, wäre die Bewegung sehr
unpopulär gewesen),eröffnete die staatliche Presse zusammen mit
der privaten - dietatsächlich eine freie Presse ist, die sich
häufig an derfordersten Front einer beachtlichen Anzahl von Themen
befindet - das Feuerauf die Bewegung. Es kam zu einem konzertierten
Versuch der Medien, dieMenschen gegen den Streik aufzubringen. Der
Sekretär dersenegalesischen CNT, die der sozialistiaschen Partei
nahesteht, schloß
sich dem Angriff gegen die Bewegung an und rief zu Sanktionen auf, weilder
Streik Ausschußmitglieder an ihrer Arbeit hindere und unter
denMenschen im Allgemeinen zu viel Not hervorrufe. Der Staat nutzte all
diesaus, um eine Repressiosnwelle zu entfesseln, bei der er sich auf
angebliche
Sabotagehandlungen berief, um die FührerInnen der
unabhängigenGewerkschaft zu verhaften. Die UNSAS (Nationale Union
Unabhängiger
Senegalesischer GewerkschafterInnen), der die SUTELEC
angehörte,begann mit einer Solidaritätskampagne, mit der sie
einerseits dieMenschen über die wahren Themen informierte, um die es
ging, dieGründe für den Streik und seine Ziele und zugleich die
Freilassung der verhafteten Militanten forderte. Der Streik
waräußerst populär in dem Sinne, daß
ArbeiterInnenfür den demokratischen Zugang zur Elektrizität
kämpfen,für das Recht aller, Zugang dazu zu haben, selbst in den
entlegensten Gemeinden, was in Senegal bei weitem nicht der Fall ist. Als
ich Senegal verließ, wurde eine große Demonstration von
Frauender Arbeiter auf die selbe Weise aufgelöst, wie nahezu alle
Solidaritätsmärsche. Rund 40 Frauen wurden verhaftet. Bei jeder
Demonstration kam es zu Verhaftungen. 27 Gewerkschaftsführer
wurdennicht nur verhaftet, sondern auch entlassen. Normalerweise muß
einbestimmter Verfahrensweg eingehalten werden, wenn Leute die
verhaftetwurden, ihren Job verlieren. Nun, da der Streik vorüber ist,
werdenzahlreiche ungesetzliche Gründe behauptet, um die Mehrheit
derMilitanten zu entlassen.
ML: Kannst Du uns zum Abschluß noch etwas mehr über
diegewerkschaftlichen Gruppierungen, die UNSAS und die CNTS
erzählen,die Du erwähnt hast?
MD: UNSAS ist eine Vereinigung jener radikalen linken Gewerkschaften,
die sich in erster Linie auf den Klassenkampf beziehen. Im Herzen dieser
Gruppierung ist die bedeutendste Mitgliedsgruppe die der LehrerInnen. Die
unabhängige LehrerInnengewerkschaft war an einigen ziemlich
schwerenKämpfen beteiligt. Vor einem Jahr kam es zu einem langen
Kampf umRentenfragen, der von der Mehrheit in der Berufsgruppe
unterstütztwurde. Vor einigen Jahren repräsentierte diese
Gewerkschaftungefähr 25% der staatsangestellten GewerkschafterInnen
und heuteerhält sie die Unterstützung der meisten ihrer
Mitglieder, wennsie zu einer Aktion aufruft. Die CNTS andererseits, die
mit dem Regimeverbunden ist, repräsentiert die illusionäre
Beteiligung derArbeiterInnen. Sie bedient sich einer
radikalen,arbeiterInnenmäßigen Sprache, sehr links, verfolgt
aber einePolitik, die schlimmer ist als die der Rechten. Der
Gewerkschaftsführer ist ein ehemaliger Exilant von 1958, der seine
Rückkehr ins Land durch einen Haufen Konzessionen erkaufte. Er istein
Streikbrecher und der führende Kopf hinter den Bemühungen,die
unabhängigen Gewerkschaften zu liquidieren. Die
wirklicheSchwäche der demokratischen Bewegung in Senegal, der
Menschen diefür wahre BürgerInnenrechte, wahren Respekt, aber
auch im Namenaller Menschen der Welt kämpfen, ist, daß es den
verschiedenenbeteiligten Personen schwer fällt, die unterschiedlichen
Fädenzusammenzubringen. Wenn sie sich zusammenschließen,
sichkoordinieren, ihre gemeinsamen Ziele definieren könnten, so
wäre
es uns möglich, eine kraftvolle soziale Bewegung aufzubauen. Was
michangeht, so versuche ich mit den Leuten in den Städten genau das
zutun.
Gruppe Durruti - Lyon
Le Monde Libertaire
Übersetzung: R. Wogatzke